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Das französische Scheidungsrecht
Das Sorgerecht
Das Unterhaltsrecht
Deutsch-französisches Güterrecht
Das französische Familienrecht spielt dann in der Regel in Deutschland eine Rolle, wenn es sich entweder um ein deutsch-französisches Paar oder in Deutschland lebende Franzosen handelt. So kann es hier zur Anwendung französischen Rechts durch deutsche Gerichte kommen.
Frankreich und Deutschland wachsen nicht nur auf politischer Ebene immer mehr zusammen, sondern nun auch im Bereich des Familienrechts, denn Frankreich und Deutschland haben auf diesem Gebiet gerade in jüngster Zeit intensiv zusammen-gearbeitet. Als Beispiel ist hier der neue Wahlgüterstand zu nennen, der Eheleuten aus beiden Ländern eine attraktive Wahlmöglichkeit für die Regelung ihres Güterstandes bietet.
Im Übrigen gelten zwar in beiden Ländern unterschiedliche Regelungen hinsichtlich des Familienrechts, jedoch bleibt festzuhalten, dass das französische als auch das deutsche Familienrecht viele Übereinstimmungen aufweisen.
Das französische Scheidungsrecht
Das Sorgerecht
Das Unterhaltsrecht
Deutsch-französisches Güterrecht
Das italienische Familienrecht ist in Deutschland bedeutsam, wenn es sich entweder um ein deutsch-italienisches Paar oder in Deutschland lebende Italiener handelt.
So kann es hier zur Anwendung italienischen Rechts durch deutsche Gerichte kommen. Das deutsche und das italienische Scheidungsrecht unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass die Voraussetzungen für eine Scheidung nach italienischem Recht wesentlich erschwert sind.
Nach italienischem Recht ist erforderlich, dass zunächst eine Trennung durch das Gericht ausgesprochen wird. Anschließend bedarf es einer dreijährigen Wartezeit, um die Scheidung einzureichen. Nach deutschem Recht hingegen ist nur eine einjährige Trennung erforderlich, ohne dass hier zuvor eine Feststellung seitens eines Gerichts erfolgen muss, um eine Scheidung auszusprechen.
Eheschließung in Italien
Das italienische Scheidungsrecht
Das Sorgerecht in Italien
Das italienische Unterhaltsrecht
Das Abstammungsrecht in Italien
Internationales Privatrecht
Scheidung
In Schweden kann bei bestehendem Einverständnis eine Scheidung von beiden Ehegatten gemeinsam beantragt werden. Es besteht auch die Möglichkeit, dass ein Ehegatte die Scheidung allein beantragt. Die Internetseite der Gerichtsorganisationsbehörde www.domstolsverket.se hält ein Antragsformular bereit, mithilfe dessen beide Ehegatten die Ehescheidung beantragen können.
Im Zusammenhang mit einer Scheidung können auch die Folgesachen wie Unterhalt, Sorgerecht, Umgang, Ehewohnung sowie die Auseinandersetzung des Eigentums der Ehegatten geregelt werden. Diese Folgesachen werden nicht von Amts wegen überprüft, d.h. das Gericht befasst sich hiermit nur, wenn entsprechende Anträge gestellt werden.
Um sich in Schweden scheiden zu lassen, ist eine Zerrüttung oder die Einhaltung einer Trennungszeit nicht erforderlich. Es ist jedoch eine gerichtliche Bedenkzeit von sechs Monaten zu beachten. Diese wird in Gang gesetzt, wenn ein Ehegatte einen Ehescheidungsantrag bei Gericht eingereicht hat. Nach Ablauf dieser Bedenkzeit muss der scheidungswillige Ehegatte mitteilen, dass er weiterhin geschieden werden will. Die Scheidung wird vom Gericht nur weiter verfolgt, wenn dies innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Antragstellung mitgeteilt wird.
Erfolgt eine solche Mitteilung nicht, wird die Ehe nicht geschieden. Vielmehr muss ein neues Scheidungsverfahren eingeleitet werden. Die Bedenkzeit entfällt dann, wenn die Ehegatten bereits seit zwei Jahren getrennt leben.
Das auf die Ehescheidung anwendbare Recht
In Schweden gilt grundsätzlich der Grundsatz, dass eine Scheidung, auch wenn sie einen Auslandsbezug aufweist, immer nach schwedischem Recht geschieden werden soll. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch zu erwähnen, dass für Schweden die am 21.06.2012 in Kraft tretende Rom-III-Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 vom 20.10.2010 (http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2010:343:0010:0016:de:PDF) nicht gilt. Das hat zur Folge, dass Schweden auch weiterhin sein Kollisionsrecht in Scheidungsangelegenheiten national regelt.
Elterliche Sorge
Im Falle der Scheidung verbleibt es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge der Eltern. Nur ausnahmsweise wird die elterliche Sorge auf einen Elternteil übertragen, wenn dies dem Kindeswohl dient. Die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil ist in Schweden allerdings die Ausnahme. Das sogenannte Wechselmodell ist in Schweden keine Seltenheit und wird im Zuge der Ehescheidung von vielen Eltern vereinbart. Einen gerichtlichen Anspruch auf Regelung des Wechselmodells gibt es allerdings nicht. Wenn sich die Eltern nicht darauf einigen, wo das Kind nach der Trennung leben soll, so kann die Wohnfrage geklärt werden, die aber unabhängig von der Regelung des Sorgerechts zu sehen ist. Das Gericht spricht dann aus, dass das Kind bei einem Elternteil wohnt und der andere Elternteil ein Umgangsrecht erhält. Dieses Wohnrecht ist aber nicht mit einer Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts im deutschen Sinne zu verstehen. Es beinhaltet nicht das Recht, frei über den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen. Solche Entscheidungen sind weiterhin von den Eltern gemeinsam zu treffen.
Ehegattenunterhalt
Beim Thema Ehegattenunterhalt wird davon ausgegangen, dass jeder Ehegatte nach Ausspruch der Scheidung grundsätzlich für sich selbst sorgen muss. Auch die Kindererziehung stellt in Schweden keinen Grund dar, nicht am Erwerbsleben teilzunehmen. Bereits ab dem ersten Lebensjahr des Kindes ist eine Ganztageskinderbetreuung die Regel. Unterhalt soll daher nur in Ausnahmefällen gezahlt werden, und wenn nur für eine Übergangszeit.
1. DIE EHESCHLIESSUNG:
Im Gegensatz zu Deutschland, wo die kirchliche Eheschließung zivilrechtlich keine Bedeutung hat, ist in Spanien die Eheschließung nach den Bestimmungen des Kanonischen Rechts oder in jeder anderen religiösen Form zivilrechtlich wirksam.
Seit dem 3.7.2005 können auch gleichgeschlechtliche Paare die Ehe (zumindest zivilrechtlich) eingehen. Sie sind dann heterosexuellen Paaren in rechtlicher Hinsicht gleichgestellt.
2. DER GÜTERSTAND:
In Spanien gilt gesetzlich die Errungenschaftsgemeinschaft. Dabei wird das durch die beiden Ehepartner in die Ehe eingebrachte Vermögen von dem in der Ehe von jedem Ehepartner erworbenen Vermögen (gemeinsames Vermögen) getrennt. Bei Auflösung der Ehe steht jedem Ehepartner die Hälfte des gemeinsamen Vermögens zu.
In einigen der sogenannten Foralrechtsgebiete Spaniens (Aragon, Balearen, Baskenland, Galizien, Navarra und Katalonien) gelten gesetzlich zum Teil andere eheliche Güterstände. Hier, wie auch im restlichen Spanien, steht es den Ehepartner jedoch frei, durch Vertrag einen anderen als den gesetzlichen Güterstand zu vereinbaren.
3. TRENNUNG UND SCHEIDUNG:
Zum 10.07.2005 wurde das Recht der Trennung und Scheidung in Spanien grundlegend reformiert und vereinfacht. Vor dieser Frist anhängige Verfahren werden grundsätzlich nach altem Recht weiter geführt, bezüglich der Scheidungs- und Trennungsgründe sowie der Fristen gilt aber das neue Recht.
Nunmehr kann jeder Ehegatte auch ohne Zustimmung des anderen schon nach Ablauf von drei Monaten seit der Eheschließung die Trennung und Scheidung beantragen. Dabei muss der Ehegatte keine Begründung angeben und die Ehegatten müssen auch nicht getrennt leben. In Ausnahmefällen, wie bei Gefahr für Leib und Leben, die Freiheit oder die sexuelle Unversehrtheit, kann auch schon vor Ablauf der Frist der Antrag gestellt werden.
Die Scheidung kann gleichzeitig mit der Trennung beantragt werden; es ist also kein mindestens einjähriges Getrenntleben nach Erhebung der Trennungsklage mehr erforderlich.
Auch sind, wenn die Voraussetzungen für eine Trennung vorliegen, gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Scheidung erfüllt.
4. UNTERHALT:
Die Ehegatten sind sich gegenseitig zu Unterhaltsleistungen verpflichtet. Der Ehegatte, für den die Trennung oder die Scheidung einen wirtschaftliche Nachteil im Verhältnis zu dem anderen Ehegatten mit sich bringt und eine Verschlechterung zum vorherigen (ehelichen) Standard darstellt, hat einen Anspruch auf Unterhalt.
Können sich die Ehepartner nicht selbst auf eine Unterhaltsvereinbarung einigen, legt das Gericht den zu zahlenden Betrag fest. Dabei berücksichtigt es unter anderem:
– die Vereinbarungen, die die Ehegatten getroffen hatten,
– das Alter, den Gesundheitszustand und die berufliche Qualifikation des Unterhaltsempfängers sowie die Wahrscheinlichkeit der Erlangung eines Arbeitsplatzes durch ihn,
– die Dauer der Ehe/ des Zusammenlebens und
– das Einkommen, die wirtschaftlichen Mittel und die Bedürfnisse des Unterhaltsschuldners.
Zur Unterhaltsschuld gehört alle Dinge des täglichen Lebensbedarfs, wie die Wohnung, die Kleidung und die medizinische Betreuung. Der Unterhaltsgläubiger hat dem Unterhaltsschuldner nachzuweisen, dass er ohne die Zahlung nicht ausreichend versorgt wäre.
5. SORGERECHT:
Die Eltern sind auch nach der Trennung oder Scheidung dem Kind und seinem Wohl verpflichtet. Dem Trennungs- bzw. Scheidungsantrag soll daher ein Regelungsvorschlag für die Trennungs- bzw. Scheidungsfolgen beiliegen, der unter anderem folgende Punkte hinsichtlich des Sorge- und Umgangsrechts enthalten soll:
a) die Bestimmungen über das Sorgerecht und dessen Ausübung (Besuchsrecht, Kommunikation etc.) und
b) wenn erforderlich, das Besuchs- und Kommunikationsrecht der Großeltern.
Können die Eltern sich hierüber nicht, nur zum Schaden des Kindes oder zum Nachteil eines Elternteils einigen, so trifft das Gericht eine Entscheidung unter Berücksichtigung des Kindeswohles. Dabei hat es Kinder, die über ausreichendes Urteilsvermögen verfügen oder das 12. Lebensjahr vollendet haben, anzuhören.
Der Elternteil, der dann das Sorgerecht nicht innehat, hat das Recht eine Beziehung mit dem
Minderjährigen Kind zu unterhalten.
Im spanischen Recht haben die eheliche und die nichteheliche Abstammung dieselbe Wirkung bezüglich des Sorgerechts. D. h., dass der nichteheliche Vater, wenn die Abstammung des Kindes vom ihm feststeht, grundsätzlich das gleiche Sorgerecht wie die Mutter hat.
6. KINDESUNTERHALT:
Die Eltern sind ihren Kindern gegenüber unterhaltspflichtig. Der jeweilige Unterhaltsbeitrag- und Pflichtige wird durch das Gericht bestimmt.
7. EHELICHE ABSTAMMUNG / VATERSCHAFT
Die eheliche Abstammung wird gesetzlich begründet durch Eintragung der Geburt und der Ehe der Eltern in das Personenstandsregister oder durch rechtskräftiges Urteil.
Die Vaterschaft wird vermutet, wenn das Kind nach Eingehung der Ehe oder 300 Tage nach deren Scheidung, gesetzlicher oder faktischer Trennung geboren wird.
Wird das Kind innerhalb der ersten 180 Tage nach Eheschließung geboren, kann der Ehemann die Vermutung der Ehelichkeit durch eine beglaubigte gegenteilige Erklärung widerlegen.
• Anerkennung von Sorge- und Umgangsentscheidungen innerhalb der Europäischen Union sowie Schutz vor Kindesentführung (Verordnung (EG) Nr. 2201/2003)
• Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen (HKÜ)
• Weiterführende Informationen / Links zum HKÜ
• Internationale Zuständigkeit in Ehesachen
• Die Zuständigkeit in Sorgerechtsfragen innerhalb der EU(EuGH Urteil vom 23.12.2009 – C 403/09 HKÜ Art. 12, 13; VO (EG) 2201 / 2003, Art. 8, 11, 20)
• Internationale Zuständigkeit für Verfahren hinsichtlich der elterlichen Verantwortung
Anwendbares Recht auf die Ehescheidung
Anerkennung von Ehescheidungen in Deutschland
Scheidung für Auslandsdeutsche
Scheidung bei binationalen Paaren
Unterschiedliche Sorgerechtsregelungen in Europa bei nicht verheirateten Paaren
Umzug eines Elternteils mit dem Kind ins Ausland nach Trennung
Hier geht es zur Zusatzseite „Internationales Scheidungs- und Sorgerecht“
Höhe des Unterhaltes, wenn das Kind im Ausland lebt
In der Regel ist die Bezifferung des geschuldeten Kindesunterhalts anhand der einheitlichen sog. Düsseldorfer Tabelle möglich. Diese Tabelle legt die Einkommens- und Altersgrenzen fest, sodass der geschuldete Barunterhalt leicht aus der Tabelle abgelesen werden kann. Dies gilt, wenn sowohl der Unterhaltsschuldner als auch das unterhaltsberechtigte Kind in Deutschland leben.
Fehlt es an diesem Normalfall, weil entweder das Kind im Ausland lebt oder der Unterhaltsschuldner sich im Ausland aufhält, müssen die Bedarfssätze ggf. korrigiert werden.
Nachfolgend soll der Unterhaltsanspruch des im Ausland lebenden unterhaltsberechtigten Kindes näher betrachtet werden.
Grundsatz: Eine Bedarfskorrektur ist möglich und nötig
Sinn und Zweck des Unterhalts ist es, den Lebensbedarf des Kindes sicherzustellen. Die Düsseldorfer Tabelle wurde entwickelt, um eine konkrete Bedarfsberechnung in jedem Einzelfall entbehrlich zu machen. Allerdings ist die Tabelle auf Deutschland zugeschnitten, d.h. es werden die Wohn- und Lebensverhältnisse in Deutschland zugrunde gelegt. Deshalb ist die Tabelle für im Ausland lebende Kinder nicht ohne weiteres anwendbar, denn unter Umständen übersteigt der „formale Tabellen-Betrag“ den tatsächlichen Unterhaltsbedarf.
Für die Höhe des Unterhaltsanspruchs ist der Geldbetrag maßgeblich, den das unterhaltsberechtigte Kind an seinem Aufenthaltsort aufwenden muss, um den ihm gebührenden Lebensstandard aufrecht zu erhalten (KG FamRZ 2002, 1057). Gleichzeitig soll das Kind nicht bereichert werden, der Unterhalt soll nämlich nicht der Vermögensbildung dienen, sondern den aktuellen Lebensbedarf befriedigen.
Demgemäß sind bei der Festlegung des geschuldeten Unterhalts das wirtschaftliche Niveau des ausländischen Staates, also die ausländischen Kaufkraftverhältnisse zu berücksichtigen. Handelt es sich um Länder, deren wirtschaftliche Verhältnisse mit denen in Deutschland vergleichbar sind, werden im Kindesunterhalt die vollen Sätze der Düsseldorfer Tabelle geschuldet (z.B. Frankreich). Lebt das unterhaltsberechtigte Kind aber in einem Land mit niedrigerem wirtschaftlichen Niveau (z.B. Ecuador), ist durch eine Korrektur sicherzustellen, dass das Kind nur den Betrag erhält, der es in die Lage versetzt, einen dem Lebensstandard des Barunterhaltspflichtigen entsprechenden Lebensstil zu pflegen.
Es gibt zwei Möglichkeiten der Anpassung. Beide Wege werden von den Gerichten angewendet. Dabei ist ein im Ausland zu zahlendes Schulgeld dem Bedarf hinzuzurechnen, weil in Deutschland Schulgeld nicht in der Düsseldorfer Tabelle enthalten ist.
Methoden der Anpassung
Zum Teil erfolgt eine Anpassung über die sog. Ländergruppeneinteilung.
Das Bundesfinanzministerium hat sämtliche Länder der Welt grob in vier Gruppen eingeteilt (vgl. § 33a EstG). Die Gruppeneinteilung erfolgt nach den Kaufkraftverhältnissen. Je nach Gruppe ist der Tabellenunterhalt um bis zu 1/3 zu reduzieren. Kritisiert wird die äußerst grobe Einteilung der verschiedenen Länder. Diese pauschalisierten Kürzungen würden einige Kinder unangemessen benachteiligen, anderen hingegen unbillige Vorteile verschaffen. Dagegen lässt sich anführen, dass erst mit Hilfe einer solchen Pauschalisierung wirklich praktikable Ergebnisse erzielt werden können, und dadurch umständliche konkrete Bedarfberechnungen entbehrlich werden.
Nach anderer Ansicht soll der Unterhaltsbedarf mittels der sog. Verbrauchergeldparität des statistischen Bundesamtes ermittelt werden. Dabei sollen die konkreten, aktuellen Erhebungen des Bundesamtes genutzt werden, um eine im Einzelfall gerechte Bedarfsfestlegung zu ermöglichen. Das feststellende Gericht soll die Kaufkraftverhältnisse der verschiedenen Länder gegenüberstellen und einen dem deutschen Lebensstandard entsprechenden Bedarf konkret berechnen. Eindeutige Nachteile dieser Methode sind allerdings seine Fehleranfälligkeit und der mit ihr verbundene erhebliche Rechercheaufwand.
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
Im Rahmen einer sogenannten Individualbeschwerde kann die Verletzung der Menschenrechtskonvention (EMRK) vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strasbourg geltend gemacht werden. Die Beschwerde richtet sich dann gegen einen Mitgliedstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention. Der Einzelne kann anführen durch staatliches Handeln in seinem Individualrecht z. B. aus Art. 8 der Konvention (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) verletzt zu sein, mit dem Ziel dies feststellen zu lassen und eine Entschädigung zu erhalten.
Es ist aber nicht ohne weiteres möglich eine Beschwerde beim Gerichtshof einzureichen, vielmehr ist Voraussetzung, dass der Rechtsweg erschöpft ist. Die Gerichtsbarkeit in Deutschland muss daher vollständig durchlaufen sein, ehe der EGMR angerufen wird. Im Übrigen müssen zahlreiche Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt werden. Für die Einreichung einer Beschwerde ist eine anwaltliche Vertretung nicht erforderlich, dennoch empfiehlt sie sich, da das Verfahren sehr kompliziert ist. Wird die Beschwerde für zulässig erklärt, ist sämtlicher weiterer Schriftwechsel nur in den Arbeitssprachen des Europäischen Menschengerichtshofs, d. h. entweder in Englisch oder Französisch enzureichen. Im Jahresdurchschnitt werden nur ca. 2 % der Individualbeschwerden gegen die Bundesrepublik Deutschland für zulässig erklärt.
Ich habe Erfahrung mit diesem Verfahren und kann Sie daher vor dem Europäischen Menschengerichtshof vertreten. Vor Kurzem konnte ich eine Entscheidung in der Individualbeschwerde Nr. 78306/12 mit der Zahlung einer Entschädigung erwirken (http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-158408).
Mitgliedstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention (http://www.coe.int/en/web/human-rights-convention/impact-in-47-countries).
Erleichterungen bei Durchsetzungen von Unterhaltsansprüchen in der Europäischen Union
Die europäische Unterhaltsverordnung gilt ab dem 18. Juni 2011. Als zentrale Anlaufstelle für europäische Unterhaltsstreitigkeiten ist in Deutschland das Bundesamt für Justiz vorgesehen. Die neue europäische Unterhaltsverordnung soll die europaweite Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen erleichtern. Kinder und andere Unterhaltsberechtigte können ab Juni Unterhaltsverpflichtete europaweit besser zur Zahlung ihrer Unterhaltspflichten veranlassen. Unterhaltsentscheidungen aus anderen EU-Staaten können einfacher vollstreckt werden. Bisher müssen ausländische Urteile in einem gesonderten Verfahren für vollstreckbar erklärt werden, und zwar immer dort, wo vollstreckt werden soll. Künftig entfällt dieser Zwischenschritt und deutsche Beschlüsse können in fast allen EU-Staaten unmittelbar mit Hilfe der jeweiligen Zentralen Behörde des Mitgliedsstaates durchgesetzt werden. Die Zentrale Behörde kann auch dabei behilflich sein, den Aufenthaltsort des Unterhaltsschuldners ausfindig zu machen, sofern dieser unbekannt ist. Die Zentrale Behörde in Deutschland ist das
Bundesamt für Justiz
Adenauerallee 99-103
53113 Bonn
Tel.: 0228 410-40
Fax: 0228 410-5050
Allgemeines
Einer förmlichen Zustellung bedürfen die zentralen Prozesshandlungen wie die Einreichung der Klage, der Terminsladung oder des Urteils. Ohne die Zustellung der Klage an den Beklagten kann der Prozess nicht beginnen. Die Zustellung eines Schriftstücks, z.B. der Klageschrift oder einer Antragsschrift an den sich im Ausland befindenden Beklagten oder Antragsgegner, ist ein staatlicher Hoheitsakt und darf deshalb grundsätzlich nur im Wege der internationalen Rechtshilfe durch Organe des ausländischen Staates erfolgen. Die unmittelbare Zustellung zwischen den Parteien ist deshalb ausgeschlossen, es sei denn, dass spezielle völkerrechtliche Abkommen dies gestatten. Daraus folgt, dass Verfahren gegen einen sich im Ausland befindenden Beklagten oder Antragsgegner häufig langwierig und mitunter kostspielig sind.
Grundsatz des Vorrangs der persönlichen Zustellung
Es ist zu beachten, dass nach deutschem Recht wegen des besonderen Ranges des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs des Empfängers von einer persönlichen Zustellung nur in seltenen Fällen abgesehen werden kann, wohingegen z.B. in Frankreich eine sog. „remise au parquet“ relativ einfach möglich ist. Sofern die Adresse des Empfängers allgemein unbekannt ist, kommt eine so genannte öffentliche Zustellung im Inland in Betracht.
Um eine kostspielige und langwierige Zustellung zu umgehen, regen die Gerichte häufig an, dass die antragstellende Partei einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland benennt, d.h eine Person, die bevollmächtigt wird, sämtliche Schriftstücke im Verfahren für die im Ausland lebende Partei zu empfangen. Diese Zustellungsvollmacht muss notariell beglaubigt werden. Dies kann auch vor einem Urkundenbeamten der deutschen Botschaft geschehen.
Dauer und Kosten der Auslandszustellung
Eine Zustellung ins Ausland dauert im Regelfall zwischen vier und sechs Monaten. In manchen Ländern muss jedoch mit Zustellungszeiten bis zu einem Jahr gerechnet werden. Das Gericht betreibt die Zustellung für den Fall, dass außerdem ein Antrag auf Prozesskostenhilfe von dem Antragsteller gestellt wurde, aber erst nachdem es über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe entschieden hat.
Es ist zu unterscheiden, ob sich der Empfänger des Schriftsatzes innerhalb Europas oder im außereuropäischen Ausland aufhält.
Zustellung innerhalb der Europäischen Union
Innerhalb Europas ist das Recht der Übermittlung der Rechtshilfeersuchen einheitlich durch die Zustellungsverordnung 1348/2000 vom 29.05.2000 geregelt. Dessen Regelungen gehen dem deutschen Übermittlungsrecht vor. Nach der Verordnung richtet jedes Land so genannte zentrale Empfangs- und Übermittlungsstellen ein. Beide können zu einer zentralen Stelle zusammengefasst werden. Listen der zuständigen Empfangs- und Übermittlungsstellen stehen auch im Internet zur Verfügung.
Das jeweilige Prozessgericht sendet das zuzustellende Schreiben an die inländische Übermittlungsstelle und diese übermittelt den Schriftsatz an die zuständige ausländische Empfangsstelle. Nun entscheidet das ausländische Zustellungsrecht, auf welchem Weg die Zustellung erfolgt, z.B. durch einen Gerichtsvollzieher oder durch Einschreiben mit Rückschein.
Grundsätzlich ist zu beachten, dass der Empfänger die Annahme berechtigterweise verweigern kann, wenn das Schriftstück nicht in seiner Muttersprache oder einer der Sprachen abgefasst ist, welche das jeweilige Land als Prozesssprache anerkennt. Welches Land welche Sprachen anerkennt, ist gesetzlich festgelegt. Deutschland erlaubt z.B., dass ein Schriftstück in Deutsch und Englisch abgefasst wird.
Die Zustellungsverordnung bestimmt, dass die ausländische Empfangsstelle den Erhalt des Schriftstücks innerhalb von sieben Tagen den inländischen Übermittlungsstellen bestätigen soll. Außerdem soll sie innerhalb eines Monats die Zustellung betreiben und der Übermittlungsstelle mitteilen, ob die Zustellung erfolgt ist. Nach erfolgreicher Zustellung übersendet die Empfangsstelle eine Bescheinigung an die Übermittlungsstelle. Diese teilt daraufhin dem Prozessgericht mit, ob die Zustellung erfolgreich stattgefunden hat.
Neben der Zustellung über diese zentralen Behörden erlaubt die Verordnung auch weiterhin die Zustellung über die diplomatischen und konsularischen Vertretungen. Es steht im Ermessen des Gerichts welchen Weg es wählt.
Zustellung außerhalb Europas
Die Zustellung eines Schriftstücks an einen Empfänger, welcher sich außerhalb Europas aufhält, erfolgt über den zeitintensiven diplomatischen oder konsularischen Weg oder durch Rechtshilfeersuchen an die Behörden des fremden Staates.
Spezielle völkerrechtliche Vereinbarungen, z.B. das HZÜ (Haager Zustellungsübereinkommen) von 1965 erlauben unter bestimmten Voraussetzungen die unmittelbare Versendung durch die Post durch Einschreiben mit Rückschein oder die Übermittlung an die eingerichtete zentrale Behörde, welche den Antrag prüft und das Schriftstück dann zustellt.
Links:
http://ec.europa.eu/civiljustice/serv_doc/serv_doc_ger_de.htm
Die anwaltliche Tätigkeit im Adoptionsrecht umfasst die Beratung über die Voraussetzungen, das Verfahren und die konkreten Umsetzungsmöglichkeiten einer Adoption sowie die Begleitung des gerichtlichen Verfahrens und die Vorbereitung der zu stellenden Anträge. Zu unterscheiden sind hierbei Inlandsadoptionen, Inlandsadoptionen mit Auslandsbezug und die Anerkennung ausländischer Adoptionen im Inland.
INLANDSADOPTIONEN
Von reinen Inlandsadoptionen spricht man, wenn alle Beteiligten die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Neben Minderjährigen können auch Volljährige adoptiert werden.
MINDERJÄHRIGENADOPTION
Voraussetzungen
Zunächst stellt sich die Frage, wer adoptieren darf. Regelfall nach deutschem Recht ist die gemeinschaftliche Adoption durch ein Ehepaar. Die Einzeladoption durch eine verheiratete Person ist nur im Fall der sogenannten Stiefkindadoption möglich, also der Adoption des Kindes des Ehegatten. Wer nicht verheiratet ist, kann nur alleine adoptieren. In einer gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebensgemeinschaft wiederum, ist nur die Stiefkindadoption zulässig. Eingetragenen Lebenspartnern ist es nicht erlaubt, gemeinschaftlich ein fremdes Kind zu adoptieren. Der Adoptionsbewerber muss mindestens 25 Jahre alt sein, bei Ehepaaren der andere Ehegatte lediglich das 21. Lebensjahr vollendet haben. Eine Höchstaltersdifferenz zwischen Kind und Adoptierenden sieht das deutsche Recht zwar nicht vor. Für eine erfolgreiche Adoption sollte der Altersabstand aber nicht mehr als 40 Jahre überschreiten. Zulässig ist die Adoption nur dann, wenn sie dem Wohle des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen den Beteiligten ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht.
Wirkungen
Durch die Adoption erwirbt das adoptierte Kind die rechtliche Stellung eines leiblichen Kindes der/ des Adoptierenden. Bei dieser sogenannten Volladoption erlöschen die Verwandtschaftsverhältnisse zu den bisherigen Verwandten ebenso wie diesbezügliche Erbrechtspositionen. Zwingend erhält das Kind zudem als Geburtsnamen den Familiennamen seiner neuen Eltern. Im Falle der Stiefkindadoption, also auch bei eingetragenen Lebenspartnern, erlischt jedoch nur das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zum anderen Elternteil und dessen Verwandten.
Verfahren
Zuständig ist das Familiengericht. Neben dem Adoptionsantrag und den notwendigen Einwilligungen der Beteiligten müssen die Geburtsurkunden, gegebenenfalls Heiratsurkunden, ein polizeiliches Führungszeugnis, der Nachweis über die Staatsangehörigkeit sowie amtsärztliche Gesundheitszeugnisse von Adoptierendem und Kind eingereicht werden.
Nach einer angemessenen Probezeit, in der das Kind bei dem/den Adoptionsbewerber in Pflege war und einer positiven Stellungnahme der Adoptionsvermittlungsstelle über die Eignung der Adoptiveltern, entscheidet das Gericht durch Beschluss über die Adoption.
VOLLJÄHRIGENADOPTION
Grundsätzlich sind die Vorschriften über die Minderjährigenadoption auch auf die Adoption von Volljährigen anzuwenden. Zusätzlich wird jedoch geprüft, ob die Adoption sittlich gerechtfertigt ist, also aus überwiegend familienbezogenen Motiven angestrebt wird.
Im Unterschied zur Adoption von Minderjährigen hat die Volljährigenadoption im Regelfall jedoch nur schwache Rechtswirkungen. Zwar werden der Volljährige sowie dessen Kinder Adoptivkind beziehungsweise Adoptivenkel der neuen Eltern. Auf der anderen Seite bleiben aber auch die Verwandtschaftsverhältnisse nebst den damit einhergehenden erbrechtlichten sowie unterhaltsrechtlichen Folgen zu den leiblichen Verwandten in vollem Umfang bestehen.
INLANDSADOPTIONEN MIT AUSLANDSBEZUG
Mit den zunehmenden grenzüberschreitenden Eheschließungen sind bei Inlandsadoptionen auch immer mehr ausländische Staatsangehörige beteiligt. Fraglich ist dann, welches Recht auf die Voraussetzungen und das Zustandekommen der Adoption einerseits und die Wirkungen der Adoption andererseits anwendbar ist. Hier sind das internationale Privatrecht Deutschlands und das des Heimatrechtes des Adoptierenden mit seinen Rück- und Weiterverweisungen maßgeblich. Es kann daher sein, dass trotz Beteiligung eines ausländischen Staatsangehörigen deutsches Recht anwendbar ist. Ebenso kann trotz Beteiligung auch deutscher Staatsangehöriger ausländisches Recht anwendbar sein.
Dazu muss allerdings das Familiengericht international zuständig sein. Das ist immer dann der Fall, wenn der Adoptierende oder das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.
ANERKENNUNG AUSLÄNDISCHER ADOPTIONEN IM INLAND
Die geringe Anzahl der in Deutschland zur Adoption freigegebenen Kinder und die demgegenüber stark ansteigende Anzahl Adoptionswilliger, haben dazu geführt, dass viele Adoptivkinder aus dem Ausland vermittelt wurden. Es stellt sich daher die Frage, wie eine Anerkennung dieser Adoptionen erfolgt und welche Reichweite sie in Deutschland entfalten.
HAAGER ÜBEREINKOMMEN ÜBER DEN SCHUTZ VON KINDERN UND DIE ZUSAMMENARBEIT AUF DEM GEBIET DER INTERNATIONALEN ADOPTION (HAÜ)
Zu unterscheiden sind hierbei Adoptionen, die in einem Vertragsstaat des HAÜ erfolgt sind und Adoptionen, die in einem Nichtvertragsstaat durchgeführt wurden. Erstere werden in allen Vertragsstaaten kraft Gesetzes anerkannt, wenn der Staat, in dem die Adoption stattgefunden hat, bescheinigt, dass die Adoption in Übereinstimmung mit dem HAÜ zustande gekommen ist. Bei einer Adoption in einem Nichtvertragsstaat muss dies gesondert beantragt werden.
Zu beachten ist allerdings, dass die durch alle Vertragsstaaten des HAÜ anzuerkennenden Wirkungen nur das Eltern-Kind-Verhältnis zwischen Kind und Adoptiveltern und die elterliche Verantwortlichkeit der Adoptiveltern für das Kind umfasst. Darüber hinaus gehende Rechtswirkungen müssen nicht, können aber anerkannt werden. Insoweit bleibt das autonome Adoptionsrecht der Länder unberührt.
ADOPTIONSWIRKUNGSGESETZ
Sowohl bei einer Adoption nach HAÜ als auch bei einer Adoption in einem Nichtvertragsstaat, eröffnet das Adoptionswirkungsgesetz jedoch die Möglichkeit, die Wirksamkeit der Adoption und deren Reichweite gesondert verbindlich feststellen zu lassen. Dies führt zwar nicht zu einem Wechsel des für die Adoption maßgeblichen Rechts. Bestehende Unsicherheiten über die Rechtswirkungen, wie beispielsweise Erbrechte und Unterhaltspflichten können somit jedoch weitgehend beseitigt werden.
Nach dem Adoptionswirkungsgesetz kann zudem eine Umwandlung einer Auslandsadoption beantragt werden. Dies ist in den Fällen möglich, in denen nach ausländischem Recht die Rechtsbeziehungen des Kindes zu seinen leiblichen Eltern nicht vollständig aufgehoben sind. Hier besteht die Möglichkeit der Umwandlung in eine nach deutschem Recht entsprechende Volladoption.
STAATSANGEHÖRIGKEIT UND AUFENTHALTSRECHT
Mit einer nach deutschem Recht wirksamen Adoption erwirbt das Kind automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Im Vorfeld einer Adoption nach dem HAÜ erhält das zu adoptierende Kind zudem eine Rechtsstellung, die der eines Kindes der Adoptierenden entspricht. Die Regeln des Aufenthaltsgesetzes über den Kindesnachzug sind anwendbar.
Links:
www.bundesjustizamt.de
Auf dieser Seite erhalten sie Informationen über Auslandsadoptionen sowie die dazugehörigen Gesetzestexte.
Seminar zum Thema „Binationale Kinder aus juristischer Sicht betrachtet“
von Svenja Schmidt-Bandelow (gehalten am 21. Juni 2018, Veranstalter: Verband binationaler Familien und Partnerschaften (IAF)) – pdf-Version
Binationale Familien und Partnerschaften sind Lebensgemeinschaften mit Partnern unterschiedlicher
Staatsangehörigkeiten.
Binationale Ehen sind Ehen, in denen die Partner unterschiedliche Staaten angehören.
Binationale Kinder sind Kinder mit unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten
Im Gegensatz dazu gibt es noch die Begrifflichkeit Bikulturelle- interkulturelle Lebensgemeinschaften: Also Lebensgemeinschaften, in denen die Partner unterschiedlichen kulturellen Hintergrund haben.
Bezeichnet die Ehe zwischen Angehörigen unterschiedlicher Nationalitäten, Ethnien oder Kulturen. Die religiöse Weltanschauung spielt keine primäre Rolle.
Als bikulturell bezeichnet man Menschen, die mit zwei Kulturen aufwachsen. In interkulturellen Familien sind Kinder daher typischerweise bikulturell.
Binationale in Deutschland Quelle: Statistisches Bundesamt 2016 sind ein Teil unserer Gesellschaft. Offene Grenzen, Urlaubs-, Arbeits- und Studienaufenthalte im Ausland sowie die Anwesenheit von Migrant/innen und Flüchtlingen lassen die Zahl der binationalen Ehen in Deutschland weiter steigen.
Menschen mit Migrationshintergrund
Seit 2005 führt das Statistische Bundesamt einen Mikrozensus (= Hochrechnung auf Grundlage einer Befragung von 1% der Bevölkerung) durch, um den Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund zu ermitteln: Sie besteht aus den seit 1950 nach Deutschland Zugewanderten und deren Nachkommen.
Diese Zahl lag im Jahr 2015 bei gut 17,1 Millionen Menschen. Das entsprach einem Anteil von 21,0 % an der Gesamtbevölkerung Deutschlands. Die Mehrheit, nämlich 9,3 Millionen Menschen, hatte einen deutschen Pass, während circa 7,7 Millionen Ausländerinnen und Ausländer waren. Ein Drittel aller Menschen mit Migrationshintergrund sind in Deutschland geboren, etwa zwei Drittel (66,9%) sind zugewandert.
Eheschließungen: Quelle: Statistisches Bundesamt 2016
Im Jahr 2015 wurden in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt 400.115 (2014: 385.952) Ehen geschlossen. Davon waren: 343.967/ 86 % (2014: 331.479/ 85,9 %) deutsch-deutsche Ehen,
56.148 / 14% Eheschließungen mit ausländischer Beteiligung ( 2014: 54.473 / 14,11 %) und 45.915/ 11,4% (2014: 44.961 / 11,6%) binationale Eheschließungen mit deutscher Beteiligung;
Dabei gab es folgende Konstellationen:
Frau deutsch / Mann nichtdeutsch 20.182 / 5% (2014: 19.524 / 5%) Mann deutsch / Frau nichtdeutsch 25.733 / 6,4% (2014: 25.437 / 6,6%)
Damit war im Jahr 2015 etwa jede 9. Eheschließung eine binationale.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Eingebürgerte als Deutsche zählen – dass also zahlreiche Ehen von Menschen „mit Migrationshintergrund“ als deutsch-deutsche Ehen gelten, auch wenn sie in ihrer Lebenspraxis durchaus binational/bikulturell sind.
2015 gab es 10.233/ 2,6% (2014: 9.512/ 2,5%) Eheschließungen, bei denen beide Partner eine ausländische Staatsangehörigkeit haben.
Wie im Vorjahr wählten Frauen und Männer ihre Ehegatt/innen vorzugsweise aus den gleichen Staaten. Deutsche Frauen bevorzugen mit Abstand türkische Partner, gefolgt von Partnern aus Italien und den USA. Deutsche Männer wählen ihre Partnerinnen überwiegend aus der Türkei, Polen und osteuropäischen Ländern, Asien und anderen EU-Staaten.
Die Anzahl der eingetragenen Lebenspartnerschaften wurde statistisch nicht erhoben.
1. Grundsatz durch Geburt:
Ein Kind erwirbt die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch mit der Geburt, sofern ein Elternteil deutscher Staatsangehöriger ist (§ 4 Abs.1 S.1 StAG). Ist nur der Vater Deutscher und das Kind nicht ehelich, so bedarf es einer wirksamen Vaterschaftsanerkennung.
Wichtig bleibt hier anzumerken, dass dies auch gilt, wenn das Kind gleichzeitig unmittelbar durch die Geburt die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erwirbt. Dies ist bei binationalen Kindern der Fall, da der andere Elternteil über die Staatsangehörigkeit eines anderen Landes verfügt oder sogar Doppelstaater ist. Die Staatsangehörigkeit wird also automatisch mit der Geburt ohne Antrag erworben. Die Ausstellung eines Passes dient lediglich zur Glaubhaftmachung des Besitzes der Staatsangehörigkeit. Der Staatsangehörigkeitsausweis dient bei Zweifeln als Beleg über die deutsche Staatsangehörigkeit.
Dieser Grundsatz gilt aber nicht für nicht-eheliche Kinder, die vor dem 1.07.1993 geboren wurden. Das damals maßgebliche Recht nach dem Reichs-und Staatsangehörigkeitsgesetz stellte einzig und allein auf die Staatsangehörigkeit der Mutter ab. Somit konnte die deutsche Staatsangehörigkeit für ein nicht-eheliches Kind nur dann erworben werden, sofern die Mutter Deutsche war. War nur der Vater deutscher Staatsangehöriger, trat nicht automatisch der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ein. Dies konnte nur durch entsprechende Erklärung des gesetzlichen Vertreters vor der Vollendung des 23. Lebensjahres nachgeholt werden. Diese Fälle beschäftigen uns heute wegen des Zeitablaufs nur noch dann, sofern Zweifel am Bestand der deutschen Staatsangehörigkeit bestehen und ein Verfahren auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit betrieben wird. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass bei ehelichen Kindern, die vor 1975 geboren wurden, die Staatsangehörigkeit nur durch den Vater vermittelt werden konnte.
Für im Ausland geborenen Kinder von deutschen Staatsangehörigen sieht nunmehr § 4 Abs.4 StAG eine Einschränkung vor. Wird ein Kind im Ausland geboren und ist der Elternteil, von dem das Kind die Staatsangehörigkeit ableitet, selbst im Ausland geboren, wird die deutsche Staatsangehörigkeit dann nicht vermittelt, wenn der deutsche Elternteil nach dem 31.12.1999 im Ausland geboren wurde und der deutsche Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat.
Diese Rechtsfolge kann aber dadurch abgewendet werden, indem der deutsche Elternteil gegenüber der deutschen Botschaft eine entsprechende Erklärung abgibt und die Geburt des Kindes iSd. § 4 Abs.4 StAG innerhalb eines Jahres dort anzeigt, also einen Eintrag der Geburt ins deutsche Geburtenregister beantragt. Praktische Fälle sind hier wohl noch recht selten, da der deutsche Elternteil nach dieser Regelung heute erst 17 Jahre alt ist. Diese Regelung wird aber in der Zukunft zunehmend an Bedeutung erhalten.
2. Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt in Deutschland, wenn kein Elternteil über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügt:
Diese Regelung gilt seit dem 01.01.2000 und durchbricht das bis dahin ausschließlich geltende Abstammungsprinzip. Nach der Regelung können Kinder auch deren Eltern nicht Deutsche sind, die Staatsangehörigkeit unter gewissen Voraussetzungen erwerben. Dies gilt dann, wenn ein Elternteil bei der Geburt mindestens acht Jahre seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist (vgl. § 4 Abs.3 StAG). Mit Vollendung des 21.Lebensjahres ist zu erklären, ob die deutsche Staatsangehörigkeit beibehalten werden soll und die ausländische aufgegeben wird (Optionspflicht vgl. 29 AufenthG).
Dieser Grundsatz einer Optionspflicht gilt aber seit dem Jahr 2013 nicht mehr, sofern das Kind im Inland aufgewachsen ist.
Also Personen, die bis zur Vollendung des 21.Lebensjahres 8 Jahre im Inland gelebt haben. Weiterhin muss ein Schulabschluss, Abschluss einer Berufsausbildung oder ein sechsjähriger Schulbesuch vorliegen. Wer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedsstaates der EU oder der Schweiz besitzt ist von der Optionspflicht gänzlich befreit.
3. Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit bei Adoption (§ 6 StAG):
Ein Kind erwirbt die deutsche Staatsangehörigkeit dann, wenn es adoptiert ist und die Adoption noch vor Vollendung des 18.Lebensjahres erfolgt.
Erfolgt die Adoption nach 18, so ist der Erwerb der Staatsangehörigkeit nur möglich, wenn die Adoption mit Wirkung einer Minderjährigenadoption erfolgte.
Beruht die Entscheidung des deutschen Vormundschaftsgerichts allerdings hinsichtlich der Adoption auf ausländischem Adoptionsstatut, so erfolgt der Erwerb der
deutschen Staatsangehörigkeit nur dann, wenn die Wirkungen der Adoption einer deutschen Minderjährigenadotion, im Wesentlichen gleich stehen.
Viele Länder kennen nur schwache Adoptionen (= Beziehungen zur Ursprungsfamilie bleiben bestehen)und keine Volladoptionen.
Im Fall einer schwachen Adoption ist es daher zweifelhaft und muss im Einzelfall geprüft werden.
Bei einem nicht ehelichen Kind wird die Vaterschaft durch Anerkennung (§ 1592 Nr.2) begründet. Hierzu bedarf es einer Erklärung des Vaters sowie der Zustimmung der Mutter (§ 1595 Abs. 1 BGB). Dieser Vorgang muss öffentlich beurkundet werden. Dies kann beim Jugendamt, Standesamt oder Notar erfolgen.
Das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 20.7.2017 sieht nun mehr in dem neu geschaffenen § 1597 Abs. 2 Satz 1 BGB vor, dass sofern konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass die Vaterschaftsanerkennung missbräuchlich erfolgen soll, dies der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen und die Beurkundung auszusetzen ist. Hiernach „soll die Vaterschaft nicht gezielt gerade zu dem Zweck anerkannt werden, die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes, des Anerkennenden oder der Mutter zu schaffen, auch nicht um die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalts des Kindes durch den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes nach § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 Satz 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes StAG zu schaffen“.
Anhaltspunkte sind das Bestehen einer vollziehbaren Ausreisepflicht des anerkennenden oder der Mutter des Kindes (Nr.1), der Anerkennende oder die Mutter oder das Kind einen Asyl Antrag gestellt hat und die Staatsangehörigkeit eines sicheren Herkunftsstaates besitzt oder das Fehlen einer persönlichen Beziehung zwischen dem Anerkennenden und der Mutter und dem Kind. Die Ausländerbehörde, die dann unterrichtet wird, überprüft ob die Vaterschaft missbräuchlich ist (vgl. § 85a AufenthaltsG). Besteht eine leibliche Vaterschaft, so ist diese nicht missbräuchlich. Die Anerkennung der Vaterschaft ist dann in diesem Fall vorzunehmen. Nur wenn die Ausländerbehörde die Missbräuchlichkeit feststellt, kann die Anerkennung der Vaterschaft durch die Behörde oder den Notar abgelehnt werden. Bis zu der Überprüfung der Missbräuchlichkeit ist im Sinne von § 60 a Abs. 2 AufenthaltsG (neu geschaffen) eine Duldung zu erteilen.
Das Gesetz eröffnet Willkür und berücksichtigt nicht das Kindeswohl und ist daher in verfassungsrechtlicher Hinsicht zu hinterfragen.
1. Visum/ Aufenthaltserlaubnis des Elternteils eines minderjährigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG
Voraussetzungen:
• Lebensunterhaltssicherung nicht erforderlich
• Vaterschaftsanerkennung und gemeinsame Sorgerechtserklärung (Rechtsanspruch). Fehlt die
Sorgerechtserklärung wird nach Ermessen entschieden. Ermessensentscheidung, d. h. entspricht es dem Kindeswohl, dass der ausländische Elternteil in Deutschland lebt und Umgang mit seinem Kind hat.
• deutsche Sprachkenntnisse sind keine Voraussetzung aber Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs. Derzeitige Berliner Verwaltungspraxis ist bei erstmaliger Erteilung eine Aufenthaltserlaubnis für 13 Monaten, wenn das Kind unter 6 Monaten ist, für 18 Monate (Weisungslage der Ausländerbehörde Berlin)
2. Visum zur bevorstehenden Geburt eines deutschen Kindes
Diese Möglichkeit besteht für werdende Mütter (zwischen dem 4. und Ende des 7. Schwangerschaftsmonats) und für den werdenden Vater, damit er bei der Geburt mit anwesend sein kann.
Voraussetzungen:
• ärztliches Attest über die Schwangerschaft
• Vaterschaftsanerkennung mit Sorgerechtserklärung
• Krankenversicherungsschutz und Verpflichtungserklärung
• bei Nachzug des Vaters zeitgleich Befragung der werdenden Eltern ob sozialfamiliäre
Beziehung bezweckt (derzeitige Weisungslage LABO Berlin)
3. Niederlassungserlaubnis
• stellt einen unbefristeten Aufenthaltstitel dar, der als Familienangehöriger eines Deutschen nach drei Jahren (vgl. § 28 Abs.2 AufenthG), sonst nach Ablauf von fünf Jahren Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, erteilt werden kann (vgl. §§ 9,9a AufenthG)
4. Niederlassungserlaubnis gem. § 28 Abs.2 AufenthG
• Besitz einer Aufenthaltserlaubnis und Bestand der familiären Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Kind seit drei Jahren und im Zeitpunkt der Antragsstellung Fortbestand
• B1-Kenntnisse der deutschen Sprache
• gesicherter Lebensunterhalt
5. Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht im Falle des Aufhebens der familiären Lebensgemeinschaft, wie bei Ehegatten gibt es nicht.
6. Nachzug eines nicht sorgeberechtigten Elternteils eines deutschen Kindes:
• Erteilung im Ermessen, hierbei ist zu prüfen, ob die familiäre Lebensgemeinschaft nur im Bundesgebiet verwirklicht werden kann.
• ob Beistands-und Betreuunggemeinschaft schon bestehen, d.h. entweder häusliche Gemeinschaft oder Umgang
• Maßstab ist immer das Kind, d.h. ist das deutsche Kind in seiner Entwicklung auf den ausländischen Elternteil angewiesen, insbesondere ob das Kindeswohl dessen Anwesenheit erfordert, ob im Falle eines Wegzugs ein dauerhafter Abbruch der Beziehungen eintreten würde.
Einleitung
In Europa ist mehr als jede zehnte Ehe grenzüberschreitend, in Deutschland sogar jede neunte. Dennoch ist das Familienrecht in den Mitgliedstaaten nicht einheitlich ausgestaltet. Die Europäisierung beschränkt sich derzeit darauf, europaweit nach einheitlichen Maßstäben zu entscheiden, welches nationale Recht auf eine grenzüberschreitende Partnerschaft Anwendung findet, welche Gerichte im Streitfall entscheiden und wie gerichtliche Entscheidungen anerkannt und durchgesetzt werden.
Seit dem 01.03.2005 gilt unter den Mitgliedsstaaten der EU, außer Dänemark, für die internationale Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus dem jeweils anderen Mitgliedsstaaten für Ehesachen und für die elterliche Verantwortung die Brüssel IIa-VO, die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 vom 27.11.2003. Sie ist in Deutschland unmittelbar geltendes Recht und gegenüber dem FamFG vorrangig (vgl. § 97 FamFG).
A. Internationale Zuständigkeit von Gerichten für Verfahren hinsichtlich der elterlichen Verantwortung
a) Anwendungsbereich
Die Brüssel IIa-VO spricht nicht von dem Begriff der elterlichen Sorge, sondern von der elterlichen Verantwortung. Unter elterlicher Verantwortung ist die Regelung des Sorgerechts sowie des Umgangsrechts zu verstehen. Aber nicht jeder Mitgliedsstaat sieht eine mit nach deutscher Rechtsauffassung vergleichbare Wertung der elterlichen Sorge vor. So wird in vielen Ländern von der elterlichen Verantwortung gesprochen, so z. B. in Italien „resposabolità genitoriale”, in Spanien „patria potestad“, wörtlich übersetzt von der väterlichen Gewalt, in Frankreich ist es die „autorité parentale“, also die elterliche Gewalt. Jeder Mitgliedsstaat regelt somit autonom, seinen Begriff der elterlichen Sorge bzw. elterlichen Gewalt. Entscheidend ist diese Problematik im Falle von Kindesentziehungen, da hier nach dem nationalen Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Kindes zu prüfen ist, ob eine Verletzung der elterlichen Verantwortung vorliegt (vgl. Art. 3 HKÜ).
b) Grundsatzzuständigkeit nach Art. 8 Abs. 1 Brüssel IIa-VO
Hiernach sind für Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung für das Kind betreffen, die Gerichte des Mitgliedsstaates zuständig, in dem das Kind zur Zeit der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Zuständigkeit ist der Zeitpunkt der Antragstellung, ein danach erfolgter Umzug berührt daher die internationale Zuständigkeit nicht. Unter gewöhnlichem Aufenthalt ist grundsätzlich der Ort zu verstehen, an dem das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat, also familiär und sozial integriert ist. Hierbei entscheidend sind auch die Umstände und die Gründe für den Aufenthalt im Einzelfall bzw. den Umzug sowie der Wille der Sorgeberechtigten. Zu berücksichtigen sind auch die Dauer, Sprachkenntnisse sowie die familiäre und soziale Bindungen (vgl. OLG Stuttgart in FamRZ 2014, S. 1930 ff). Der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes kann schon unmittelbar nach dem Umzug des Kindes begründet werden, wenn nach dem Willen der Eltern feststeht, dass das Kind hier dauerhaft leben soll.
Auch wenn nach dem Plan der Eltern der Aufenthalt nur zeitlich limitiert sein soll, weil zum Beispiel der Arbeitsvertrag eines Elternteilt auf ein oder zwei Jahre befristet ist, wird der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes hierdurch begründet. Allenfalls bei einem befristeten Aufenthalt von weniger oder bis maximal sechs Monate kann daran gedacht werden, dass der gewöhnliche Aufenthalt hierdurch nicht entsteht.
Wichtig ist auch zu wissen, dass ein unrechtmäßiger Umzug, d.h gegen den Willen und ohne Zustimmung des anderen Sorgeberechtigten auch nicht nach sechs Monaten durch bloßen Zeitablauf einen gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes begründen kann. Erst nach einem Jahr ist dies frühestens möglich, wenn bis zu diesem Zeitpunkt keine Rückführung des Kindes in den bisherigen Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes eingeleitet wurde (vgl. hierzu Art 11 Abs 1 der Brüssel II-a Vo).
c) Zuständigkeit für Abänderungsanträge in Umgangsverfahren nach Art. 9 Abs. 1 Brüssel IIa- VO
Bei Abänderungsanträgen in Umgangsverfahren bleibt es bei einer Zuständigkeit des Gerichts des Aufenthaltsstaates für einen Zeitraum von drei Monaten, der zeitlich ab dem Umzug gilt für eine vor dem Umzug des Kindes ergangene Umgangsentscheidung.
Der Umzug muss aber rechtmäßig sein, das ist der Fall, wenn der Umzug entweder gerichtlich genehmigt wurde oder der andere Elternteil zugestimmt hat. Weiterhin findet Art. 9 Abs. 1 Brüssel IIa-VO nur dann Anwendung, wenn bereits eine Umgangsentscheidung eines Gerichtes im bisherigen Aufenthaltsstaates ergangen ist. Diese Entscheidung muss vor dem Umzug ergangen sein. Im Übrigen wird vorausgesetzt, dass der umgangsberechtigte Elternteil sich weiterhin im bisherigen Aufenthaltsstaat des Kindes gewöhnlich aufhält.
d) Zuständigkeit wegen rügeloser Einlassung in Umgangsverfahren nach Art. 9 Abs. 2 Brüssel IIa-VO
Hiernach wird die Zuständigkeit des Mitgliedsstaates des neuen gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Kindes für Umgangsverfahren dann begründet, wenn der Umgangsberechtigte ohne die Zuständigkeit im Verfahren zu rügen sich auf das Verfahren einlässt.
e) Annexzuständigkeit nach Art. 12 Abs. 1 Brüssel IIa-VO
Ist die Frage der elterlichen Verantwortung mit einem Scheidungsverfahren verknüpft, so besteht eine Zuständigkeit für die Frage der elterlichen Verantwortung als Annex dann, wenn die Parteien die Zuständigkeit des Gerichts anerkannt haben und diese auch im Einklang mit dem Kindeswohl steht. Art. 12 der Brüssel IIa-VO gilt somit nur für die Fälle, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in dem Gerichtsstaat hat.
f) Zuständigkeit nach Art. 12 Abs. 3 Brüssel IIa-VO
In dieser Vorschrift wird geregelt, dass unabhängig von einem Scheidungsverfahren die Zuständigkeit eines Mitgliedsstaates entstehen kann, in dem das Kind keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn eine wesentliche Bindung des Kindes zu diesem Mitgliedsstaat für das konkret anhängige Verfahren besteht, insbesondere weil ein Elternteil dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder das Kind die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedsstaates besitzt und die Parteien die Zuständigkeit des Gerichts vereinbart haben und die Zuständigkeit im Einklang mit dem Kindeswohl steht. Ansonsten gibt es nicht die Möglichkeit die Zuständigkeit eines Gerichts für die Regelung der elterlichen Verantwortung zu vereinbaren (vgl. EuGH-Rs C-436/13: E./B in FamRZ 2015 S. 24 ff).
g) Auffangzuständigkeit nach Art. 13 Brüssel IIa-VO
Art. 13 Brüssel IIa-VO stellt eine Auffangregel dar, dann wenn der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes nicht bestimmt werden kann und sich dann die internationale Zuständigkeit des Gerichts aufgrund bloßer Anwesenheit des Kindes bestimmt. Das sind z.B. Fälle, in denen ein Kind ohne Papiere aufgefunden wird und seine Herkunft nicht festgestellt werden kann.
h) Rückgriffsmöglichkeit auf sonstige Zuständigkeitsnormen nach Art. 14 Brüssel IIa-VO
Diese Vorschrift regelt, dass sich die Zuständigkeit nach den Vorschriften des jeweiligen Mitgliedsstaates bestimmt, sofern eine Zuständigkeit aus dem Art. 8 bis 13 Brüssel IIa-VO eines anderen Mitgliedsstaates nicht begründet werden kann (hier ist aber zunächst die Vorrangigkeit des KSÜ zu beachten).
i) Verweisungsregel des Art. 15 Brüssel IIa-VO
In besonderen Ausnahmefällen kann eine Verweisung an ein Gericht eines anderen Mitgliedsstaates erfolgen, das den Fall im Interesse des Kindeswohls besser beurteilen kann. Eine Verweisung kann auf Antrag oder von Amts wegen erfolgen. Dies ist in der Praxis äußerst selten.
B. Das Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit des anzuwendenden Rechts, die Anerkennung, die Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und die Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19.10.1996 (KSÜ)
a) Einleitung
Das Kinderschutzübereinkommen (KSÜ), das für die Bundesrepublik Deutschland seit dem 01.01.2011 in Kraft ist, soll einheitliche Regelungen über die internationale Zuständigkeit und das anzuwendende Recht in den Vertragsstaaten1
b) Anwendungsbereich
In Art. 3 KSÜ ist aufgelistet, welche Maßnahmen nach dem KSÜ getroffen werden können. Es handelt sich hierbei um Maßnahmen, die die elterliche Verantwortung betreffen. Hiervon inbegriffen ist das Recht zum persönlichen Umgang.
c) Zuständigkeitsregelung nach dem KSÜ
Art. 5 KSÜ knüpft hinsichtlich der Zuständigkeitsfrage primär an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes an. Hierbei ist aber Art. 7 KSÜ zu beachten. Bei einem widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes bleiben die Behörden des Vertragsstaates, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, solange zuständig, bis es einen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Staat erlangt hat und das Verbringen oder Zurückhalten durch eine Behörde oder sonstige Stelle bzw. jede sorgeberechtigte Person genehmigt wurde (vergl. Art. 5 lit.a KSÜ). Ansonsten ist im Falle eines widerrechtlichen Verbringens eine Zuständigkeit erst nach Ablauf eines Jahres gegeben, sofern die sorgeberechtigte Person bzw. Behörde oder sonstige Stelle den Aufenthaltsort des Kindes kannte oder hätte kennen müssen und während dieses Zeitraums kein Antrag auf Rückführung gestellt wurde (vergl. Art. 7 lit.b KSÜ).
d) Verhältnis zur Brüssel IIa-VO
Art. 61 der Brüssel IIa-VO stellt klar, dass die Brüssel IIa-VO gegenüber dem KSÜ Vorrang hat. Dies gilt nicht nur im Verhältnis zu Kindern mit Staatsangehörigkeit und gewöhnlichem Aufenthalt in einem Mitgliedsstaat, sondern auch für Kinder mit Staatsangehörigkeit eines Drittstaates aber gewöhnlichem Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates. Somit ist der Anwendungsbereich des KSÜ hinsichtlich der Zuständigkeitsfrage für uns relativ eingeschränkt. Sofern wir Fälle aus deutscher Sicht zu beurteilen haben, kommt es immer auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Kindes in Deutschland unabhängig von dessen Staatsangehörigkeit an, wir landen somit in der Brüssel IIa-VO. Lediglich dann, wenn das Kind, das über eine Drittstaatsangehörigkeit verfügt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat des KSÜ hat, der aber nicht Mitgliedsstaat der Brüssel IIa-VO ist, kann das KSÜ die Zuständigkeitsfrage regeln. Hieraus folgt, dass sich die Zuständigkeitsfrage in Deutschland für Fragen hinsichtlich der elterlichen Verantwortung nach der Brüssel IIa-VO richtet.
c. Umzug eines Elternteils mit dem Kind ins Ausland nach Trennung
Einleitung
Bei Bestehen der gemeinsamen elterlichen Sorge ist ein Umzug mit dem gemeinsamen Kind ins Ausland nur dann möglich, wenn das Einverständnis des anderen Elternteils vorliegt. Liegt dieses Einverständnis nicht vor, so stellt dies einen Verstoß im Sinne von Art. 3 HKÜ dar, sofern der andere Elternteil mit dem Kind heimlich ins Ausland umzieht.
Hat ein Elternteil in Deutschland das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht, so stellt sich die Frage, ob ein Umzug mit dem Kind ohne Einverständnis ins EU-Ausland berechtigt ist.
Es sind somit verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden:
1. Getrennt lebende Eltern mit gemeinsamer elterlicher Sorge ohne gerichtliche Entscheidung zur elterlichen Sorge
Haben die Eltern sich getrennt und sind sich darüber einig, dass das Kind bei einem Elternteil leben soll, ohne dass sie hierüber eine gerichtliche Entscheidung erwirkt haben, ist bei einem Umzug ins Ausland das Einverständnis des anderen Elternteils erforderlich. Können die Eltern sich nicht einigen, so ist eine Mediation über diese Frage ratsam. Anderenfalls ist eine Entscheidung des Familiengerichts notwendig. Der geplante Umzug des Kindes muss gerichtlich genehmigt werden. bzw. das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist auf den umzugswilligen Elternteil zu übertragen.
2. Einem Elternteil ist nach der Trennung das Aufenthaltsbestimmungsrecht durch gerichtliche Entscheidung übertragen worden
Hier war die Rechtsprechung sich zunächst uneinig, ob die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zum Umzug zumindest innerhalb des europäischen Auslands berechtigt. So meinte das OLG Koblenz in seiner Entscheidung vom 09.08.2007 (9 UF 450/07 = FamRBint 2008, 5 ff.), die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts übertrage dem Elternteil genauso das Recht, wie von Süd- nach Norddeutschland zu ziehen, ohne die Zustimmung des anderen Elternteils einzuholen, auch das Recht zum Umzug mit dem gemeinsamen Kind von Deutschland nach England.
Wenn mit einem Umzug ein Schulwechsel verbunden ist, hielt dagegen das OLG Dresden und das OLG München hierfür die Zustimmung des anderen Elternteils für erforderlich. Als Begründung wurde angeführt, dass die Befugnis den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen, nur einen Teilbereich der Personensorge betrifft. Ein größerer Umzug könne aber auch Auswirkungen auf andere Bereiche der Personensorge haben, so wie etwa die Schule, Gesundheit und Form der Betreuung, die den Eltern noch gemeinsam zur Entscheidung verblieben sind. Deshalb sei trotz Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts das Einverständnis des anderen Elternteils ausdrücklich notwendig (OLG Dresden vom 15.10.2002 – 10 UF 433/02 sowie OLG München vom 13.07.1998 – 12 WF 966/98 = OLG Report München 1998/287).
Der BGH hat sich zu dieser Frage ebenfalls mit Beschluss vom 28.04.2010 (vergl. BGH FamRBint 2010, 51) geäußert. Er geht davon aus, dass die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts ausreichend ist und stellt Kriterien für die Entscheidungsfindung auf:
Wenn der das Kind betreuende Elternteil beabsichtigt, mit dem Kind in ein entferntes Land (hier: Mexiko) auszuwandern und beide Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben, so ist Maßstab der Entscheidung über die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts vornehmlich das Kindeswohl. Die Motive des auswanderungswilligen Elternteils stehen nicht zur Überprüfung des Familiengerichts. Für die Entscheidung sind zudem die beiderseitigen Elternrechte einzubeziehen. Die allgemeine Handlungsfreiheit des auswanderungswilligen Elternteils schließt es aus, dass auch die Möglichkeit des Verbleibs des betreuenden Elternteils im Inland als tatsächliche Alternative in Betracht kommt, selbst wenn diese dem Kindeswohl am besten entspräche. Die Gründe des Elternteils für seinen Auswanderungswunsch sind nur insoweit bedeutsam, als sie sich nachteilig auf das Kindeswohl auswirken (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1989 – IVb ZB 66/88 – FamRZ 1990, 392). Verfolgt der Elternteil mit der Auswanderung auch die Kontakte zum anderen Elternteil zu verlieren, so fehlt ihm die nötige Bindungstoleranz und somit wird die Erziehungseignung in Frage gestellt (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2007, 75, 760).
Zusammenfassen lässt sich festhalten, dass entscheidende Kriterien sind: Wer ist die Hauptbezugsperson, Alter des Kindes, Möglichkeit Umgang im Falle des Wegzugs auszuüben sowie Bindungstoleranz des betreuenden Elternteils und Erziehungseignung beider Elternteile und Integration des Kindes in sein altes und mögliches neues Umfeld.
3. Einem Elternteil ist nach Trennung die elterliche Sorge insgesamt durch gerichtliche Entscheidung übertragen worden oder dieser war kraft Gesetzes Inhaber der alleinigen elterlichen Sorge
Bei alleiniger elterlicher Sorge eines Elternteils kann dieser ohne Zustimmung des anderen Elternteils mit dem Kind ins Ausland umziehen, wohin er will, auch wenn damit Entscheidungen verbunden sind, die für das weitere Leben des Kindes von erheblicher Bedeutung sind. Einschränkungen gelten nur dann, sofern hier das Kindeswohl durch den Umzug beeinträchtigt wird. Nur in diesem Fall kann sich der nicht betreuende Elternteil gegen den Umzug gerichtlich wehren.
D. Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen (HKÜ)
1. Ziel und Zweck des Abkommens
Dieses Übereinkommen wurde bereits am 25.10.1980 verabschiedet, in Deutschland aber erst am 01.12.1990 in Kraft gesetzt.
Nach dem HKÜ2 sind Entscheidungen über das Sorgerecht oder Fragen betreffend die Umgangsregelung bei der Trennung der Eltern in dem Staat zu treffen, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die in einem anderen Vertragsstaat getroffene Sorgerechtsentscheidung bzw. das dort geltende Sorgerechtsverhältnis ist in dem anderen Staat zu beachten. Setzt sich ein Elternteil über eine Sorgerechtsentscheidung hinweg, indem er das Kind entweder widerrechtlich in einen anderen Vertragsstaat verbringt bzw. dort zurückhält, so kann die Rückführung des Kindes nach dem HKÜ beantragt werden. Ein Antrag auf Rückführung des Kindes ist bei der Zentralen Behörde des jeweiligen Vertragsstaates zu stellen. In Deutschland ist das beim Bundesamt für Justiz. Die Anschrift lautet:
Bundesamt für Justiz, Adenauerallee 99 – 103, 53113 Bonn
Tel.: 0228/410-40, Fax: 0228/410-5050, http://www.bundesjustizamt.de
Zu beachten ist, dass das Abkommen auch Anwendung findet, wenn das Umgangsrecht eines Elternteils verletzt wird. Dann kann mit Hilfe der Zusammenarbeit der zentralen Behörden eine Umgangsregelung getroffen werden.
2. Entführung eines Kindes von Deutschland in einen anderen Vertragsstaat des HKÜ
Wird ein Kind von Deutschland in einen anderen Vertragsstaat entführt, so kann ein Antrag beim Bundesamt für Justiz auf Rückführung des Kindes nach Deutschland gestellt werden. Das Bundesamt für Justiz setzt sich dann mit der zentralen Behörde des anderen Vertragsstaates in Verbindung, damit die dortige zentrale Behörde vor Ort den Aufenthaltsort des Kindes ermittelt und den entführenden Elternteil auffordert, das Kind zurückzubringen, in der Regel unter Setzung einer Frist. Wird das Kind nicht herausgegeben, leitet die zuständige Zentrale Behörde vor Ort ein Gerichtsverfahren auf Herausgabe des Kindes ein. Der vorherige Antrag bei der Zentralen Behörde ist keine Bedingung für die Einleitung eines gerichtlichen Rückführungsverfahrens. Vielmehr kann der Antrag auf Herausgabe des Kindes auch direkt beim zuständigen Gericht des Zufluchtsstaates gestellt werden, was sicherlich zu einer Beschleunigung des Verfahrens führt. Auch wenn ein gerichtliches Rückführungsverfahren anhängig ist, steht die Möglichkeit für eine Mediation noch offen (vgl. http://www.mikk-ev.de).
3. Rückführungsvoraussetzungen
Das Verbringen oder Zurückhalten ist dann widerrechtlich, wenn hierdurch das Sorgerecht des anderen Elternteils nach dem Recht des Staates, in dem das Kind sich unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten gewöhnlich aufgehalten hat, verletzt wird. Wir können somit nicht das deutsche Verständnis von Sorgerecht heranziehen, um zu beurteilen, ob eine Sorgerechtsverletzung z.Bsp. nach spanischem Recht vorliegt. Es ist insbesondere auf die Sorgerechtslage im Zeitpunkt der Entführung abzustellen und nicht der Maßstab danach anzulegen.
4. Ausschluss der Rückführung nach Art. 13 HKÜ
Eine Rückführung kann dann ausgeschlossen werden, wenn der andere Elternteil, dessen Sorgerecht verletzt wurde, dem Verbringen oder Zurückhalten zugestimmt oder dies nachträglich genehmigt hat. Dies stellt häufig eine Beweisfrage dar und ist daher meist streitig. Hier stellt sich auch die Frage, ob durch schlüssiges Verhalten eine Zustimmung oder Genehmigung zu befürworten ist. (SMS- Korrespondenz, Anmeldung in der Schule, Verabschiedung und Begleitung zum Bahnhof). Weiterhin ist die Rückführung ausgeschlossen, wenn die Rückgabe mit schwerwiegenden Gefahren eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf eine andere Weise in eine unzumutbare Lage versetzt wird.
Allgemeine Erwägungen etwa zur besseren Eignung eines Elternteils zur Ausübung der elterlichen Sorge oder zu den Lebensverhältnissen in dem anderen Staat reichen hierfür nicht aus, um eine Rückführung zu verhindern. Das Rückführungsverfahren ist kein Sorgerechtsverfahren. Sorgerechtsentscheidungen sollen viel mehr dort getroffen werden, wo das Kind zuvor gelebt hat.
Der Kinderwille kann aber von Bedeutung sein, wenn das Kind eine solche Reife erlangt hat, dass es eine eigene, verantwortliche Erklärung dahingehend abgeben kann, dass es sich der Rückführung wider setzt (vgl. Art. 13 Abs. 2 HKÜ). Dies wird in der Regel aber erst dann anzunehmen sein, wenn das Kind mindestens 12 Jahre alt ist. Bei einem Kind, das das 16. Lebensjahr bereits vollendet hat, findet das Abkommen allerdings keine Anwendung mehr.
5. Eilzuständigkeit für dringende Schutzmaßnahmen Art. 20 Brüssel IIa-VO
Hiernach kann die internationale Zuständigkeit eines an und für sich in der Hauptsache unzuständigen Gerichts für eine Schutzmaßnahme, die dringender und vorübergehender Natur ist, gegeben sein. Ansonsten besteht keine Zuständigkeit des Gerichts in dem Staat in den das Kind verbracht oder zurückgehalten wurde, solange das Rückführungsverfahren läuft (Art. 16 HKÜ). Die Gerichte des Staates am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort des Kindes sind hingegen hierzu befugt (Art. 10 Brüssel IIa-VO).
6. Besonderheiten nach der Brüssel IIa-VO
Nach Art 11 Abs. 2 Brüssel II-a VO ist die Anhörung des Kindes unbedingt erforderlich, die Ausgestaltung der Anhörung sowie die Frage ab welchem Alter ein Kind angehört werden kann, unterliegt aber dem Recht der Mitgliedsstaaten. Insoweit hat keine Harmonisierung stattgefunden. Nach Art. 11 Abs. 3 sieht eine Verfahrensbeschleunigung vor. Entscheidungen des Gerichts sind innerhalb von sechs Wochen zu treffen. Art. 11 HKÜ lässt im Gegensatz dazu zu, dass das Gericht, sollte es nicht innerhalb von sechs Wochen entschieden, die Verfahrensverzögerung zu begründen hat.
Eine Rückführung soll auch dann stattfinden, wenn dies eine Gefahr für das Kind darstellt aber nachgewiesen ist, dass ausreichende Vorkehrungen getroffen wurden, um den Schutz des Kindes zu gewährleisten (vgl. Art. 11 Abs.4 Brüssel II-a VO). Nach Art. 11 Abs. 5 Brüssel II-a VO ist die Anhörung des Antragstellers unabdingbar.
F. Die Grenzsperre als vorbeugende Maßnahmen zum Schutz vor Kindesentziehung
Trägt ein Elternteil vor, dass der andere Elternteil beabsichtige, das gemeinsame Kind in sein Herkunftsland zu entführen, so besteht die Möglichkeit einen Antrag auf Erlass einer Grenzsperre beim zuständigen Familiengericht zu stellen. In der Regel wird dem Erlass einer Grenzsperre stattgegeben, wenn plausible Gründe in Form einer eidesstattlichen Versicherung vorgetragen werden. Dies bedeutet, dass allein die Angst vor einer Kindesentziehung nicht ausreichend ist, sondern vielmehr konkrete Anhaltspunkte vorgetragen werden müssen, aus denen sich erschließen lässt, dass der andere Elternteil versucht das Kind mit sich zu nehmen. Werden z.B. Drohungen ausgesprochen, dass das Kind entführt oder nach einer Reise nicht mehr zurückgebracht wird, kann eine Grenzsperre erlassen werden. Sie gilt dann für den Zeitraum von einem Jahr, falls nicht etwas anderes bestimmt ist. Die Bundespolizei in Koblenz trägt die Grenzsperre dann in das Schengener Informationssystem ein. Ein Beschluss auf Erlass einer Grenzsperre lautet in etwa wie folgt:
Hat das Amtsgericht Pankow/Weißensee – Familiengericht am ——- durch den Richter ——- am Amtsgericht beschlossen:
Dem Vater wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 25.000,00 EUR verboten, das Kind außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland zu bringen.
Die Grenzpolizeibehörden der Bundesrepublik Deutschland werden ersucht, im Rahmen der Grenzfahndung jede Ausreise des Kindes aus der Bundesrepublik Deutschland, jedenfalls aber aus dem Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten des Übereinkommens von Schengen zu verhindern, sofern die Begleitperson nicht durch einen Gerichtsbeschluss späteren Datums nachweisen kann, dass sie Inhaberin der elterlichen Sorge oder der Personensorge oder des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind ist.
Gründe:
Aufgrund der eidesstattlichen Erklärung der Mutter ist die Gefahr glaubhaft gemacht, dass der Vater das Kind gegen den Willen der Mutter und unter Verletzung des bestehenden gemeinsamen Sorgerechts der Eltern in sein Heimatland, nach ——, verbringen könnte. Zur Abwendung einer Gefahr für das Kindeswohl ist die vorstehende Anordnung daher geboten.
G. Das anwendbare Sorgerecht
1. Einleitung
Welches Recht auf das Sorge- und Umgangsrecht anzuwenden ist, bestimmt sich in Deutschland nach dem vorrangig geltenden völkerrechtlichen Abkommen, dem Kinderschutzübereinkommen (KSÜ). Es gibt keine EU-Verordnung, die bislang das anwendbare Recht für das Sorge- und Umgangsrecht regelt.
2. Das anwendbare Recht nach dem KSÜ
Nach Art. 15 KSÜ folgt das anwendbare Recht grundsätzlich der Zuständigkeit. Die elterliche Verantwortung unterliegt nach Art. 16 Abs. 1 KSÜ dem Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes. Nach Art. 16 Abs. 1 KSÜ richtet sich das Entstehen und Erlöschen der elterlichen Verantwortung kraft Gesetz, d.h. ohne Einschalten eines Gerichtes, nach dem Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes. Art. 16 Abs. 3 KSÜ stellt aber klar, dass nach dem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes die einst begründete elterliche Verantwortung nach dem Recht des Staates des ursprünglichen gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes fortbesteht. Findet ein Aufenthaltswechsel in einen anderen Vertragsstaat statt, so bestimmt sich die bis dato noch nicht bestehende elterliche Verantwortung nun nach dem Recht des neuen gewöhnlichen Aufenthaltsortes (vgl. Art. 16 Abs. 4 KSÜ). Hat z.B. ein nichtehelicher deutscher Vater kein Sorgerecht und zieht er mit dem Kind nach Frankreich, so profitiert er von der dortigen für ihn
besseren Rechtslage und teilt sich fortan an nach Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes die elterliche Sorge automatisch mit der Mutter, ohne dass es hierfür der Abgabe einer Sorgerechtsklärung oder gerichtlichen Entscheidung in Deutschland bedarf. Bei einem späteren Rückzug nach Deutschland bleibt dieses Sorgerechtsverhältnis bestehen.
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